Niere

Definition

  • Die Nieren sind paarige Bauchorgane, deren wichtigste Aufgabe die Befreiung des Blutes von ausscheidungspflichtigen Substanzen durch Bildung von Harn ist.

Funktionen

  • Die Nieren erfüllen für den Gesamtorganismus wichtige Funktionen:
    • Ausscheidung harnpflichtiger physiologischer Substanzen (z.B. von Harnstoff, Creatinin) und von Xenobiotika
      • Durch glomeruläre Filtration und/oder aktive tubuläre Sekretion
    • Konservierung für den Körper wertvoller Substanzen, z.B. Glucose, Aminosäuren
      • Durch fast vollständige Resorption der glomerulär filtrierten Substanzen
    • Regulation des Wasser- und Elektrolythaushaltes
      • V.a. durch Veränderung des Ausmaßes der tubulären Rückresorption
    • Regulation des Säure-Basen-Haushalts
      • V.a. durch Anpassung der renalen H+- und HCO3--Ausschiedung
    • Beteiligung an der (hormonalen) Kontrolle des extrazellulären Flüssigkeitsvolumens und des arteriellen Blutdrucks
    • Beteiligung an der Produktion und Aktivierung von Hormonen (s.u.)
    • Beteiligung an verschiedenen Stoffwechselfunktionen des Körpers
  • Die Bedeutung der Nieren für den Hormonhaushalt sowie dessen Bedeutung auf die Nieren zeigt die folgende Tabelle:
Gebildete Hormone und Funktion
Angiotensin II Freisetzung von Aldosteron, Vasokonstriktion
Calcitriol Ca2+- und Phosphathomöostase
Eikosanoide Vasodilatation, Steigerung der Sekretion von Renin (PGE2, PGI2), Hemmung der Wirkung von ADH (PGE2), Vasokonstriktion (Thromboxan A2)
Erythropoetin Förderung der Erythropoese
Kinine Lokale Vasodilatation
Renin Förderung der Bildung von Angiotensin I
Thrombopoetin Förderung der Thrompozytopoese
Beeinflussende Hormone und Funktion
ADH Förderung der Wasserresorption
Aldosteron Förderung der Na+-Resorption und der H+- bzw. K+-Sekretion
Calcitonin Hemmung der Ca2+- und Phosphatresorption
Parathormon (PTH) Förderung der Ca2+-Resorption, Hemmung der Phosphatresorption

Makroskopische Anatomie

Schematische Darstellung

Allgemeiner Aufbau

  • Die Nieren sind paarige, an der ventralen Fläche der dorsalen Bauchwand unterhalb des Zwerchfells und beiderseits der Wirbelsäule gelegene Organe von etwa bohnenförmiger Gestalt.
  • Der konvexe Rand weist nach lateral, die konkave Mündung nach medial. In der Konkavität befindet sich der Hilus (Nierenpforte), an dem die Gefäße und Nerven sowie der Ureter (Harnleiter) ein- bzw. austreten.
  • Der Längsdurchmesser einer Niere beträgt 10 - 12 cm, der Querdurchmesser 5 - 7 cm, das Gewicht etwa 120 - 200 g.
  • An ihrer Oberfläche ist die Niere von einer derben bindegewebigen Kapsel überzogen.
  • Im Längsschnitt erkennt man bereits makroskopisch:
    • Nierenrinde (Cortex renalis)
    • Nierenmark (Medulla renalis)
    • Nierenbecken (Pelvis renalis) mit dem Harnleiter
  • Die äußere Rindenschicht erscheint hell und feingekörnt, die innere Markschicht ist dunkler und weist eine feine Längsstreifung auf.
  • Durch Säulen der Rindensubstanz wird das Mark in 8 - 17 Pyramiden unterteilt, deren Spitzen zum Zentrum hin konvergieren.
    • Diese Spitzen, die als Nierenpapillen bezeichnet werden, sind von den schlauchförmigen Nierenkelchen überzogen.
      • Die Nierenkelche fangen den fertigen Harn (Endharn) auf und leiten ihn in den Sammelraum des Nierenbeckens.

Gefäßsystem

  • Die Blutversorgung der Niere erfolgt durch die der Aorta entstammende Arteria renalis, die sich nach ihrem Eintritt in den Hilus in die Arteriae interlobares verzweigt.
  • Diese steigen in den Säulen zwischen den Markpyramiden zur Oberfläche hin auf und geben an der Pyramidenbasis arkadenförmige Äste (Arteriae arcuatae) ab, aus denen dann die Arteriae interlobulares hervorgehen.
  • Von diesen zweigen in regelmäßigen Abständen die die einzelnen Nierenkörperchen versorgenden Vasa afferentia ab, die dort ein (erstes) Kapillarnetz bilden, um sich dann in den Vasa efferentia wieder zu vereinigen.
    • In diesem ersten, glomerulären Kapillarsystem herrscht ein relativ hoher Blutdruck, der über die Weite des Vas afferens und des Vas efferens geregelt wird.
    • So bleibt die Durchblutung der Glomeruli in einem Bereich zwischen etwa 80 und 180 mmHg arteriellem Mitteldruck weitgehend konstant.
  • Daran schließt sich ein zweites, das peritubuläre Kapillarsystem, an, das der Versorgung der Tubuli und der Sammelrohre (vgl. Tubulusapparat) dient. Außerdem tauscht es mit dem Tubuluslumen Stoffe aus und ist somit für v.a. für die Resorption, aber auch für die Sekretion bestimmter Substanzen, von großer Bedeutung.
  • Das venöse System der Niere ist dem arteriellen System analog aufgebaut. Es leitet das Blut schließlich in die Vena renalis.

Mikroskopische Anatomie

  • Das einzelne Funktionselement der Niere ist das Nephron.
  • Jede der beiden Nieren enthält etwa 1 - 1,2 Millionen dieser morphologischen und funktionellen Einheiten, die jeweils zusammengesetzt sind aus:
    • Nierenkörperchen
      • Mit dem Glomerulus und der Bowman Kapsel, in denen die Primärharnbildung erfolgt.
    • Tubulusapparat
      • Mit dem proximalen Tubulus, der Henle-Schleife, dem distalen Tubulus und dem Sammelrohr, in denen aus dem Primärharn, v.a. durch Rückresorption von Wasser, der später ausgeschiedene Endharn gebildet wird.

Nierendurchblutung

  • Die Gesamtdurchblutung beider Nieren beträgt beim Erwachsenen etwa 1,2 l/min oder 1700 l/d. Damit fließen etwa 20 - 25 % des Herzzeitvolumens in körperlicher Ruhe durch die Nieren.
  • Von der genannten Blutmenge entfallen etwa 90 % auf die Nierenrinde und nur ca. 10 % auf das Nierenmark.
    • Diese hohe Durchblutung wird benötigt um die normale glomeruläre Filtrationsrate (GFR) aufrecht erhalten zu können (ca. 120 ml/min).
    • Aus der hohen Durchblutung ergibt sich auch, dass die arteriovenöse Sauerstoffdifferenz mit ca. 15 ml/l Blut sehr gering ist.
  • Insgesamt gehört die Niere zu den am stärksten durchbluteten Organen des Körpers.
  • Die Messung der Nierendurchblutung kann beim Menschen indirekt durch Bestimmung der Paraaminohippursäure-Clearance (PAH-Clearance) erfolgen.
    • PAH ist eine Substanz, die bei einer einzigen Nierenpassage praktisch vollständig eliminiert wird.
    • Daher ist ihr Clearance-Wert identisch mit dem renalen Plasmafluss (RPF)
  • Der Sauerstoffverbrauch der Niere von etwa 18 ml/min wird vor allem für oxidative Stoffwechselprozesse in der Nierenrinde verbraucht, wo viel ATP für aktive Transportprozesse benötigt wird.

Regulation der Harnmenge und Harnzusammensetzung

  • Um eine weitgehende Konstanz des inneren Milieus des Organismus zu gewährleisten, muss die Nierenfunktion bei wechselndem Anfall von auszuscheidenden Stoffen ständig variiert werden.
  • Diese Anpassung erfolgt weitgehend durch Regelkreise, die einer zentralen Kontrolle unterliegen.
  • Die Niere ist damit ein wichtiges Stellglied in den Systemen, die der Regulation des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalt dienen.

 

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