Glukokortikoide

Übersicht


Medizin

Typ

Indikationen

Kontraindikationen

Relative Kontraindikationen

Systemische Anwendung

Arzneimittelinteraktionen

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen

Kurzfristige Anwendung

  • Keine

Langfristige systemische Anwendung bzw. langfristige lokale, hochdosierte Anwendung

Häufig auftretende unerwünschte Arzneimittelwirkungen
  • Gewichtszunahme, Förderung eines Diabetes mellitus (Typ 2)
  • Hautveränderungen mit pergamentartig dünner Haut
  • Osteoporose ("Steroidosteroporose"), Osteopenie
    • Glukokortikoide hemmen die enterale Resorption von Ca2+ durch Antagonisierung der Wirkung von Vitamin D3 und führen gleichzeitig durch eine Hemmung der tubulären Rückresorption zu einer vermehrten Ausscheidung von Ca2+.
  • Wachstumshemmung bei Kindern
    • Es kann bei Kindern zu einer Wachstumsverlangsamung kommen, die endgültig erreichte Körpergröße wird jedoch nicht beeinflusst.
Selten auftretende unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Sehr selten auftretende unerwünschte Arzneimittelwirkungen
  • Steroidmyopathie
  • Aseptische Knochennekrosen
Ohne Angabe der Häufigkeit
  • Atrophie der Nebennierenrinde und nach zu plötzlichem Absetzen: Corticoid-Entzungssyndrom, Adynamie-Syndrom
  • Trübungen der Augenlinse (Katarakt)

Anwendung

Anwendungshinweise

  • Systemisch angewendete Glukokortikoide sollten im Rahmen einer Langzeittherapie bevorzugt morgens zwischen 6 und 8 Uhr angewendet werden, da so die Gefahr einer Atrophie der Nebennierenrinde deutlich verringert werden kann.
    • Die Ausschüttung des natürlichen Glukokortikoids Hydrocortison ist an die des Hormons Somatotropin gekoppelt. Dieses wird vorwiegend nachts sezerniert und führt zeitlich versetzt - und somit früh morgens -  zu einer physiologisch erhöhten Ausschüttung von Hydrocortison. Der Körper ist somit an hohe Hydrocortison-Konzentrationen am morgen "gewöhnt", hier zusätzlich applizierte Glukokortikoide stören die körpereigene Regulation weniger.
  • Bei unzureichender Wirkung einer einmal morgendlichen Gabe kann die Dosis aufgeteilt werden, wobei etwa 2/3 der Dosis weiterhin morgens appliziert werden sollten.
    • Für Dosierungen weit unterhalb der Cushing-Schwelle erscheint eine Anpassung an den physiologischen, zirkadianen Rhythmus nicht notwendig. Hier ist eine über den Tag verteilte Anwendung vielfach effektiver.
    • Eine alternierende Gabe, z.B. nur jeden zweiten Tag, verschlechtert in der Regel den Therapieeffekt.
  • Bis zu einer Dauer von etwa 7 - 10 Tagen, kann eine Therapie mit systemischen, auch hochdosierten Glukokortikoiden ohne Ausschleichen abrupt beendet werden. Nach längerer Anwendung sollte die eine langsame Dosisreduktion vorgenommen werden. Allgemein sollte dabei folgendes Schema eingehalten werden:
Tagesdosis [mg Prednisolon-Äquivalent] Reduktion [mg Prednisolon-Äquivalent/d]
> 50 individuell
25 - 50 max. 10
15 - 25 max. 5
5 - 15 max. 2,5
< 5 max. 1
  • Die genaue Geschwindigkeit der Reduktion ist jedoch auf den einzelnen Patienten abzustimmen. Bei zu rascher Dosisreduktion kann ein Steroid-Entzugssyndrom auftreten.

Patientenhinweise

Bemerkungen

  • Durch den frühzeitigen, hochdosierten Einsatz systemisch applizierter Glukokortikoide lässt sich bei Asthma bronchiale im akuten Anfall die Anfallsdauer merklich senken. Eine stationäre Weiterbehandlung kann so meist unterbleiben.
  • Perorale und intravenöse Anwendung sind in der Regel als gleichwertig anzusehen.
  • Bei Kindern sollten systemische Anwendungen von Glukokortikoiden auf max. 3 mg Prednisolon-Äquivalent/m2 Körperoberfläche und auf eine Therapiedauer von unter 3 Monaten beschränkt bleiben. Die parenterale Applikation ist hier kontraindiziert.
  • Bei der Langzeittherapie älterer Patienten mit systemisch angewendeten Glukokortikoiden sollte besonders auf die Gefahr einer Osteoporose geachtet werden.
  • Für den Einsatz systemischer Glukokortikoide in der Schwangerschaft sollten bevorzugt Substanzen angewendet werden, für die bereits viele Erfahrungen vorliegen, z.B. Prednisolon und Prednison.

Pharmakologie

Pharmakodynamik

Wirkungen

  • Entzündungshemmung

Wirkmechanismen

  • In unphysiologisch hohen Konzentrationen unterdrücken Glukokortikoide alle Phasen einer Entzündung.
  • Diese Wirkung setzt sich aus einer Vielzahl von Komponenten zusammen, von denen fast alle auf einer Beeinflussung der Genexpression beruhen.
  • Aufgrund ihrer strukturellen Ähnlichkeit mit Cholesterol können sie die Zellmembran permeieren und so ins Zytoplasma der Zielzelle gelangen.
  • Hier binden sie an spezielle frei im Zytosol vorliegende Rezeptoren und bilden Rezeptor-Arzneistoff-Komplexe, die anschließend in den Zellkern gelangen können und dort die Expression bestimmter Gene und damit die Proteinbiosynthese beeinflussen.
  • Bei der i.v.-Injektion sehr hoher Glukokortikoid-Dosen kommen wahrscheinlich auch nicht-genomische Effekte hinzu, wie eine direkte Membranstabilisierung. Das Glukokortikoid lagert sich dabei - analog zu Cholesterol - in die Zellmembran ein und vermindert deren Fluidität, was einen positiven Effekt bei der Prophylaxe von Ödemen hat.

Bemerkungen

  • Medizinisch eingesetzt werden praktisch ausschließlich synthetische Glukokortikoide. Diese unterscheiden sich in ihrer Potenz und Wirkdauer.
  • Durch gezielte chemische Veränderungen hat man hier eine Verringerung der unerwünschten mineralokortikoiden Nebenwirkungen erreicht und gleichzeitig die erwünschten glukokortikoiden Effekte verstärkt:
Substanz Relative
glukokortikoide
Potenz
Relative
mineralokortikoide
Potenz
Ungefähre Äquivalenzdosis [mg] Ungefähre
Cushing-Schwellendosis [mg/d]
Natürliche Glukokortikoide (Wirkdauer 8 - 12 h)
Cortison 0,8 1 25 37,5
Hydrocortison 1 1 20 30
Synthetische Glukokortikoide (Wirkdauer ca. 18 - 36 h)
Prednyliden 3,5 < 1 6 9
Deflazacort 3,5 < 0,5 6 6
Prednison 4 0,6 - 0,8 5 7,5
Prednisolon 4 0,4 - 0,8 5 5
Cloprednol 4 - 6 0 2,5 - 3 7,5
Methylprednisolon 5 - 6 0 4 4
Synthetische Glukokortikoide, Wirkdauer 24 - 48 h
Fluocortolon 4 - 5 0 5 5
Triamcinolon 6 0 3 4
Synthetische Glukokortikoide, Wirkdauer bis 72 h
Dexamethason 20 - 25 0 0,75 1,5
Betamethason 30 - 40 0 0,8 1

Physiologie

Typ

Definition

Wirkung

Bemerkungen

  • Die natürlichen Glukokortikoide werden auch als Stresshormone bezeichnet, da das Auftreten von Stressfaktoren einen raschen Anstieg von ACTH und damit der Glukokortikoide zur Folge hat.
  • Wichtigster Vertreter ist das Hydrocortison, daneben sind von besonderer Bedeutung Cortison und Corticosteron.
  • Synthese und Sekretion unterliegen der Steuerung durch den Hypothalamus.

Chemie

Bemerkungen

  • Das Vorkommen einer Ketofunktion an C-20 wird mit der Entstehung von Katarakten in Verbindung gebracht.

Beispiele

Einsetzbarkeit

Stoff systemisch inhalativ dermal Rhinologika Ophthalmika
Alclometason     +    
Amcinonid     +    
Beclometason   ++   +  
Betamethason +   +   +
Budesonid + ++   +  
Clobetasol     +    
Clobetason     +    
Clocortolon     +    
Cloprednol +        
Cortison +       +
Deflazacort +        
Desonid     +    
Desoximetason     +    
Dexamethason + (+) + + +
Diflorason     +    
Diflucortolon     +    
Fludroxycortid     +    
Flumetason     +    
Flunisolid   ++   +  
Fluocinolon     +    
Fluocinonid     +    
Fluocortin     + +  
Fluocortolon +   +    
Fluorometholon     +   +
Flupredniden     +    
Fluticason   ++ + +  
Halcinonid     +    
Halometason     +    
Hydrocortison +   +   +
Medryson         +
Methylprednisolon +   +    
Mometason     +    
Prednicarbat     +    
Prednisolon ++   + + +
Prednison ++        
Prednyliden +        
Triamcinolon +   + +  

Substanzen


 

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