Stas-Otto-Gang

Definition

  • Vorschrift zur systematischen Auftrennung von Analysengemischen aufgrund von Löslichkeitsunterschieden bei verschiedenen pH-Werten zwischen organischen und wässrigen Phasen.

Bemerkungen

  • Als Lösemittel werden Wasser, Ethylacetat und Diethylether verwendet. Dabei stellt Wasser das polarste und Diethylether das unpolarste Lösemittel dar. Ethylacetat liegt hinsichtlich seiner Polarität ungefähr in der Mitte zwischen den beiden anderen Lösemitteln.
  • Die Polarität des Substanzgemisches wird durch Änderung des pH-Wertes (und damit Salzbildung bzw. -zerlegung) erzielt.
  • Die Probe wird in die folgenden acht Phasen aufgetrennt:
  • Die isolierten Phasen werden anschließend gesondert untersucht. Sollte sich nur ein Stoff in einer isolierten Phase befinden, so ist die Substanz meist bereits über zwei einfache, nicht-chemische Nachweise eindeutig identifizierbar:
    • IR-Spektrum
    • Schmelzpunkt
    • Der gefundene Schmelzpunkt liegt meist einige °C unter dem theoretischen, da meist doch noch gewisse Verunreinigungen vorhanden sind.
    • Zur Absicherung kann daher der Mischschmelzpunkt herangezogen werden. Liegt der Schmelzpunkt eines Gemisches aus isolierter und vermuteter Substanz (Referenzsubstanz) deutlich unter dem theoretischen Schmelzpunkt, so kann eine Übereinstimmung der beiden Substanzen sicher ausgeschlossen werden.
  • Zur weiteren Absicherung können zusätzliche nasschemische Identitätsreaktionen dienen. Sollten sich mehrere Substanzen in einer isolierten Phase befinden, sind diese Tests unbedingt zu empfehlen, um Anhaltspunkte für bei der anschließenden Untersuchung zu betrachtende Referenzsubstanzen zu gewinnen.
  • Die Identifizierung der einzelnen Substanzen einer aus mehreren Substanzen bestehenden Phase erfolgt chromatographisch per Dünnschichtchromatographie oder besser HPTLC.

Durchführung

0,5 - 1,0 g Analysensubstanz in 50 ml Wasser aufnehmen und mit Schwefelsäure 10 % bis pH 1 ansäuern.

Anschließend dreimal mit je 35 ml Ether ausschütteln. Sollte beim ersten Schütteln ein unlöslicher Rückstand im Scheidetrichter bleiben, so wird dieser abgenutscht. Der so abgetrennte Rückstand wird als schwerlösliche Phase bezeichnet.

Es kommt zur Protonierung basischer und saurer Zentren. Basische werden somit polarer und bleiben in der wässrigen Phase, während die nun ungeladenen sauren Verbindungen in die Etherphase übergehen.

Etherphase dreimal mit je 20 ml NaHCO3-Lösung 5 % ausschütteln.

Starke Sauren können ihre sauren Protonen nun wieder abgeben und sind somit polarer. Sie bleiben in der wässrigen Phase.

Wässrige Phase dreimal mit je 35 ml Ethylacetat ausschütteln.

Substanzen, die ein relativ ausgeglichenes Verhältnis zwischen polarem und apolarem Charakter haben, treten in den Ethylacetat über.

Wässrige Phase mit Schwefelsäure 10 % auf pH 1 ansäuern und dreimal mit je 35 ml Ether ausschütteln.

Saure Funktionen werden erneut protoniert, so dass die enthaltenen Substanzen lipophiler werden und in die Ether-Phase übergehen.

Die Etherphase wird auf dem Sandbad getrocknet.

Etherphase dreimal mit je 20 ml 1 %iger NaOH ausschütteln.

Auch schwach saure Verbindungen werden nun wieder deprotoniert. Sie gehen damit in die wässrige Phase über, während unpolare Substanzen in der Ether-Phase bleiben.

Die Ethylacetat-Phase wird getrocknet und abrotiert. Wässrige Phase mit NaOH 4 mol/l auf pH 10 bringen und dreimal mit jeweils 40 ml Ether ausschütteln.

Basen werden unter diesen Bedingungen deprotoniert und liegen nun in ihrer lipophileren Form vor. Sie werden mit der Etherphase extrahiert.

Eine Ausnahme machen die Phenolbasen, da sie bei diesem hohen pH-Wert durch Deprotonierung einer anderen Funktion bereits wieder geladen und damit hydrophil vorliegen.

Wässrige Phase schnell mit Schwefelsäure 10 % ansäuern und dreimal mit je 35 ml Ether ausschütteln.

Die Etherphase wird anschließend getrocknet und der Ether abgedampft.

Die enthaltenen sauren Substanzen werden protoniert und somit in die lipophilere Form überführt. Diese wird durch den Ether extrahiert.

Das schnelle Ansäuern ist notwendig, da viele Stoffe, die in dieser Phase anfallen durch längere Einwirkung von Laugen zerstört werden könnten.

Die Etherphase wird getrocknet und auf dem Sandbad eingedampft.

Enthalten sind Substanzen, die lipophil sind und sich nicht protonieren und deprotonieren lassen, weshalb man sie als "Neutralstoffe" bezeichnet.

Die Etherphase wird getrocknet und der Ether auf dem Sandbad abgedampft. Wässrige Phase mit Schwefelsäure 10 % neutralisieren und anschließend mit konzentrierter Ammoniak-Lösung auf pH 9 einstellen.

Das basische Zentrum der in dieser Gruppe abgetrennten Phenolbasen ist bei diesem pH-Wert bereits deprotoniert, das saure Zentrum jedoch noch nicht. Die Substanzen dieser Phase sind folglich hier ungeladen und lipophil, weshalb sie in die Etherphase übertreten.

Die Etherphase wird getrocknet und auf dem Sandbad zur Trockne eingedampft. Die in der wässrigen Phase verbliebenen Substanzen sind so hydrophil, dass sie weder durch Protonierung, noch durch Deprotonierung in eine mit organischen Lösemitteln extrahierbare Form gebracht werden konnten.
S-Phase P-Phase N-Phase E-Phase B-Phase PB-Phase W-Phase

Historisches

  • Der Stas-Otto-Gang geht in seiner Grundversion von 1815 auf die Arbeiten von Jean Stas und Julius Otto zurück.
 

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