Sterilisation

Definition

  • Sterilisation bedeutet die Abtötung aller in einem Gut vorhandenen Mikroorganismen sowie die Inaktivierung aller anwesenden Viren.

Bemerkungen

  • Ziel der Sterilisation ist das Erreichen von Sterilität
  • Dazu werden verschiedene unten genannte Verfahren eingesetzt, die sich grob in physikalische und chemische Sterilisationsverfahren einteilen lassen.
  • Unter den physikalischen Verfahren lassen sich Verfahren wie die Dampfsterilisation oder die Sterilisation mittels trockener Hitze zu den thermischen Verfahren zusammenfassen.
  • Gute Sterilisationsverfahren sollten auch Prionen und DNA-Fragmente z.B. aus Plasmiden zerstören oder abtrennen.
  • Die Keimreduktion während der Sterilisation folgt einer Kinetik 1. Ordnung, d.h. innerhalb gleicher Zeiten werden gleiche Anteile der noch vorhandenen Keime inaktiviert.
  • Die Zeit in der die Konzentration eines Keims gemäß dieser Kinetik um 90 % abnimmt, wird als D-Wert bezeichnet.
    • Vom Prinzip her gleicht der D-Wert einer Halbwertszeit, nur dass hier nach Ablauf seiner Dauer nicht mehr 50 %, sondern nur noch 10 % der Ausgangskonzentration vorliegen.
  • Für eine Reduktion der Keimzahl um sechs Zehnerpotenzen, also auf 1:1000000 der Ausgangskonzentration, ist somit eine Zeit oder Dosis des sechsfachen D-Wertes erforderlich.
  • D-Werte sind abhängig vom betrachteten Keim und den genauen Bedingungen während der Sterilisation.

Verfahren

  • Die Arzneibücher beschreiben verschiedene Sterilisationsmethoden, die das oben genannte Ziel zu erreichen versuchen:
    • Dampfsterilisation
    • Sterilisation durch trockene Hitze ("Heißluftsterilisation")
    • Gassterilisation
    • Strahlensterilisation
    • Filtration durch Bakterien zurückhaltende Filter ("Sterilfiltration")

Dampfsterilisation

  • Die Dampfsterilisation im Autoklaven ist das bevorzugte Sterilisationsverfahren für nicht thermolabile, nicht feuchtigkeitsempfindliche Güter.
  • Der wichtigste Grund dafür ist, dass die Sterilisation mit gesättigtem Wasserdampf deutlich kürzere Einwirkzeiten benötigt, als die mittels als trockene Hitze. Der Grund liegt in der erheblich höheren Wärmeübertragung durch den und dem höheren Energiegehalt im Wasserdampf.
    • Kondensiert Wasserdampf mit einer Temperatur von 100 °C zu einer gleich heißen Flüssigkeit, so werden dabei 2252 J/g frei, während eine Abkühlung heißer Luft von 100 °C um 1 °C auf 99 °C nur 0,992 J/g Energie an die Oberfläche, an der die Abkühlung erfolgt, abgibt.
  • Vorteilhaft ist auch, dass Bakteriensporen durch die Feuchtigkeit quellen und dadurch empfindlicher werden.
  • Das zu sterilisierende Gut wird in einen Autoklaven gebracht, aus dem anschließend die enthaltene Luft komplett durch gesättigten Wasserdampf verdrängt wird. In dieser reinen Wasserdampfatmosphäre findet dann die Sterilisation statt.
  • Als Standardverfahren kann eine Erwärmung des zu sterilisierenden Gutes auf 121 °C über 20 min bei 2 bar angesehen werden. Höhere Temperaturen bedingen höhere Drücke, erlauben aber kürzere Einwirkzeiten, z.B. 134  °C über 5 min bei 3 bar.
  • Für die Inaktivierung von Prionen wird eine Einwirkzeit von mindestens 18 min bei 134 °C und 3 bar empfohlen. Sie sind generell deutlich widerstandsfähiger als andere Pathogene.

Heißluftsterilisation

  • Sterilisationsgüter, die aufgrund a) ihrer Feuchtigkeitsempfindlichkeit oder b) ihres mangelnden Gehalts an Wasser nicht dampfsterilisierbar sind, werden - sofern sie nicht temperaturempfindlich sind - bevorzugt durch Heißluftsterilisation entkeimt.
  • Als Standardbedingungen gelten:
    • 180 °C über mindestens 30 min,
    • 170 °C über mindestens 60 min oder
    • 160 °C über mindestens 120 min.
  • Man erkennt hier die Anwendung der Arrhenius-Gleichung (etwa halbe Reaktionsgeschwindigkeit bei um 10 K verringerter Temperatur). Allerdings ist diese Anwendung der Arrhenius-Gleichung nur in bestimmten Bereichen möglich und allgemein im Zusammenhang mit der Heißluftsterilisation nicht unumstritten. Daher findet man auch alternative Empfehlungen hinsichtlich der Sterilisationszeiten, wie:
    • 200 °C über mindestens 10 min
    • 180 °C über mindestens 30 min
    • 160 °C über mindestens 210 min.

Gassterilisation (Chemische Sterilisation)

  • Bei der Gassterilisation wird das zu sterilisierende Gut mit einem keimabtötenden Gas behandelt.
  • Häufig eingesetzt werden Formaldehyd, Ethylenoxid und Peressigsäure.
  • Das zu sterilisierende Gut muss frei von anhaftenden Partikeln (z.B. Schmutz) sein, da diese die Diffusion des Gases an die zu sterilisierende Oberfläche behindern, bzw. sonst nur die Partikeloberfläche sterilisiert wird.
  • Auch stark poröse Güter eignen normalerweise nicht zur Gassterilisation da diese eben nur an von außen zugänglichen Stellen wirken kann.

Strahlensterilisation

  • Bei der Strahlensterilisation wird das zu sterilisierende Gut Sterilisation mit energiereicher Strahlung , z.B. UV-, Röntgen- oder Gammastrahlung beschossen. Auch der Beschuss mit Elektronen ("Elektronenstrahlsterilisation") ist möglich.
  • Die Bestrahlung führt zu Schäden in der DNA der bestrahlten Mikroorganismen, was zu deren Inaktivierung führt.

Sterilfiltration

  • Die Sterilfiltration ist kein Sterilisationsverfahren in eigentlichen Sinn. 
  • Sie wird für flüssige Zubereitungen eingesetzt, die aus apparativen oder sonstigen Gründen nicht mittels eines anderen genannten Verfahrens sterilisiert werden können.
  • Da lediglich der flüssige Anteil des Produkts sterilfiltriert werden kann, sind für die sonstigen Bestandteile des Produkts (z.B. Primärpackmittel) andere Sterilisationsverfahren anzuwenden.
  • Bei der Sterilfiltration werden Mikroorganismen oberhalb einer durch den eingesetzten Filter vorgegebenen Größe aus dem zu sterilisierenden Gut durch Filtration entfernt.
  • Meist werden Membranfilter mit einem Porendurchmesser von 0,22 µm verwendet. Bei höheren Anforderungen werden auch Porendurchmesser bis herab zu etwa 0,1 µm verwendet.
    • Da etliche Erreger (z.B. einige Viren, Prionen, Mykoplasmen) jedoch kleiner als 0,1 µm bzw. verformbar sind, ist die Sterilfiltration vor allem zum Abscheiden von Bakterien geeignet.
      • Sehr dünne Spirochaeten können aufgrund ihrer fadenförmigen Form theoretisch ebenfalls den Filter passieren.
  • Nach Abschluss der Sterilfiltration ist der benutze Filter auf ausreichende Wirkung (z.B. mit Hilfe des Bubble-Point-Tests) zu prüfen.

Bemerkungen zur Sterilisation durch Wärme

  • Sämtliche Hitzesterilisationsverfahren benutzen Temperaturen von mehr als 100 °C. Eine Sterilisation bei 100 °C unter Normaldruck ist auch bei deutlich verlängerter Aufwärmzeit nicht möglich, da bei 100 °C zwar vegetative Keime, also lebende Bakterien, Protozoen und Viren abgetötet oder inaktiviert werden, Sporen diese Temperaturen jedoch aushalten können.
  • Bei der Sterilisation teilt man die abzutötenden bzw. zu inaktivierenden Organismen nach ihrer Thermoresistenz in verschiedene Resistenzstufen ein.
  • Je niedriger die Resistenzstufe eines Organismus, desto empfindlicher ist er. Glücklicherweise gehören in die höchsten Resistenzstufen praktisch ausschließlich thermophile Bakterien, die für die Sterilisation nicht beachtet werden müssen, da sie nicht humanpathogen sind.
  • Wichtige besonders temperaturunempfindliche Vertreter höherer Resistenzstufen sind z.B. Gasbrand- und Tetanus-Sporen.
  • Allgemein zu beachten ist, dass die Sterilisationszeiten erst mit dem Erreichen der gewünschten Temperatur im zu sterilisierenden Gut beginnen und somit in der Praxis noch Aufheizzeiten hinzukommen.

     

Resistenzstufe

Mikroorganismen

Inaktivierung

1

Viren, vegetative Bakterien ohne Sporen, Pilze inklusive ihrer Sporen, Protozoen und höhere Organismen

100 °C innerhalb weniger Sekunden bis Minuten

2

Milzbrandsporen

100 °C über 5 min

3

Mesophile native Erdsporen inklusive pathogener anaerober Sporenbildner (Clostridien der Gasbrandgruppe, Tetanuserreger)

100 °C (1 bar) über 10 h

121 °C (2 bar) über 10 - 20 min

134 °C (3 bar) über 5 - 10 min

4

Thermophile native Erdsporen

100 °C (1 bar) über 2 Tage

134 °C (3 bar) über 30 min

  • Bakterielle Endotoxine benötigen zu ihrer Zerstörung sehr harrsche Bedingungen. So wird z.B. eine chemische Inaktivierung mit NaOH 1 mol/l über 15 h beschrieben.
  • Für die Inaktivierung von Endotoxinen durch trockene Hitze findet man z.B. Angaben wie:
    • 3 h bei 180 °C (ISODIS 20857)
    • 2 h bei 200 °C
    • 45 min bei 220 °C
    • 30 min bei 250 °C (USP 2003).

 

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