Zellwand
Das Peptidoglykan (Murein) als Grundstruktur 
  - Die Bakterienzellen werden in grampositive und gramnegative Bakterien
    unterteilt. Diese Einteilung ist auf das unterschiedliche Färbeverhalten
    zurückzuführen, was wiederum durch den unterschiedlichen Bau der Zellwand
    bedingt wird.
  
 - Allerdings ist das Gerüst der Zellwand bei grampositiven und
    gramnegativen Bakterien im Prinzip übereinstimmend. Es handelt sich hierbei
    um eine netzartige Struktur von Polysaccharidketten, dem Glykan, die über
    kurze, meist vier Aminosäuren lange Peptidketten miteinander verknüpft
    sind. Dieses dreidimensionale Makromolekül erstreckt sich sackartig über
    die gesamte Zelloberfläche. Es gibt der Zelle ihre Form und wirkt als
    Exoskelett, das die fluide Membran in osmotisch nicht stabilisiertem Milieu
    vor dem Zerplatzen schützt.
  
 - An dem Aufbau des Glykans sind zwei Aminozucker beteiligt, das N-Acetylglucosamin
    und die N-Acetylmuraminsäure, die sich alternierend über eine b
    -1,4-Bindung zu langen (etwa 200 Disaccharid-Einheiten), unverzweigten
    Ketten anordnen. An die Carboxylgruppe jedes Muraminsäurerests ist ein
    Tetrapeptid gebunden.
  
 - Die Mureinstruktur bietet einen Angriffsort für Antibiotika, da sie bei
    Tier- und Pflanzenzellen nicht anzutreffen ist. Die Biosynthese des
    Peptidoglykans wird gestört, ohne die Zellen des Makroorganismus zu
    schädigen.
  
Zellwand der grampositiven Bakterien 
  - Die Zellwand der grampositiven Bakterien, die 30-70% des Trockengewichts
    der Bakterienzelle ausmacht, stellt sich als 20-80 nm dicke, relativ
    einheitliche Schicht dar. Sie besteht aus vielen miteinander verknüpften
    Lagen von Peptidoglykan. Weiterhin sind bei grampositiven Bakterien Teichon-
    und/ oder Teichuronsäuren kovalent in das Mureinnetz eingewoben. Durch die
    Teichonsäuren (lineare Polymere aus repetitiven Einheiten von
    Glycerolphosphat oder Ribitolphosphat) und Teichuronsäuren (Glukuronsäureketten)
    enthält das Mureinpolymer eine negative Gesamtladung, die offensichtlich
    für die Versorgung der Bakterienzelle mit Kationen wichtig ist.
  
Zellwand der gramnegativen Bakterien 
  - Die Zellwand der gramnegativen Bakterien ist mit 15 – 20 nm dünner als
    die der grampositiven (20 – 80 nm). Im elektronenmikroskopischen Bild
    zeigt sich, daß die Zellwand deutlich geschichtet ist. Die
    Peptidoglykanschicht ist nur 2-3 nm dick und besteht aus 2 bis 3 Lagen.
    Außen liegt ihr eine weitere Membran, die sogenannte äußere Membran,
    auf, die prinzipiell dem Aufbau der Elementarmembran entspricht, jedoch eine
    deutlich andere Zusammensetzung und andere Funktionen hat als die
    Zytoplasmamembran.
  
 - Die äußere Membran ist viel stärker asymetrisch aufgebaut als andere
    Membranen, d.h. die beiden Lipidschichten unterscheiden sich stark in ihren
    Komponenten. Die innere, dem Peptidoglykan zugewandte Schicht besitzt in
    etwa die gleich Phospholipidzusammensetzung wie die Zytoplasmamembran. In
    sie eingelagert ist der Lipidteil des sogenannten BRAUNschen Lipoproteins.
    Dieses ist an dem anderen Ende kovalent mit dem Peptidoglykan verbunden und
    stellt so eine stabile Verbindung von äußerer Membran und Murein her. In
    der nach außen zeigenden Lipidschicht der Membraan ist das Lipid A das
    mengenmäßig dominierende Lipid. Das Lipid A ist der lipophile Anker der Lipopolysaccharide
    und hat stark toxische Eigenschaften.
  
 - Die äußere Membran gramnegativer Bakterien hat eine wichtige
    Molekularsieb-Funktion; sie ist auch dafür verantwortlich, daß viele
    Antibiotika, die grampositive Bakterien abtöten, gegen gramnegative nicht
    wirksam sind, weil diese die Membran aufgrund ihrer Größe nicht
    penetrieren können.
  
 - Von großer medizinischer Bedeutung sind auch die Lipopolysaccharide (LPS)
    der Außenmembran, weil:
    
      - der Lipidanker (Lipid A) toxische Eigenschaften besitzt, und
      
 - der Polysaccharidanteil wichtige Antigendeterminanten enthält.
    
  
   - Die LPS sind mit dem Lipidanteil fest in der Lipidmatrix verankert und
    werden erst bei Zelllyse frei. Man bezeichnet sie daher als Endotoxine im
    Gegensatz zu den Exotoxinen, (z.B. Diphtherietoxin, Choleratoxin,
    Tetanustoxin, etc.), die Proteine sind und von den Bakterien während des
    Wachstums produziert und aktiv ausgeschieden werden.
  
 - Das Lipopolysaccharid-Molekül kann man in drei Abschnitte (Region I –
    III) unterteilen: Das Lipid A (Region III), das Kernpolysaccharid (Region
    II) und die variable Seitenkette (Region I).
  
  
  
außen innen 
Region I Region II Region III 
  
  
Sich wiederholende Oligo- Kernpolysaccharid Lipid A 
Saccharideinheiten (= O- exogenes Pyrogen 
spezifische Seitenkette) (= Endotoxin) 
Antigene Determinanten ò 
(= Körper- oder O-Anti- Freisetzung von Interleukinen gene) ð Freisetzung
von endogenen 
Pyrogenen ð Fieber 
  
Rauh- und Glattformen 
  - Glattformen (oder S[smooth]-Form): 
    
      - besitzen O-Seitenketten des LPS;
      
 - wachsen mit runden, gewölbten, spiegelnden Kolonien
    
  
   - Rauhformen (R[rough]-Formen): 
    
      - haben die Fähigkeit, die O-Seitenkette und/ oder Teile des
        Kernpolysaccharides zu synthetisieren, verloren;
      
 - Wachsen in flachen, unregelmäßig begrenzten Kolonien mit gekörnter
        Oberfläche
      
 - Die Rauhformen sind gegenüber Serum empfindlich und nicht mehr
        pathogen (kann mann nicht verallgemeinern, z.B. wenn der
        Pathogenitätsfaktor ein Exotoxin ist).
    
  
  
  
    
      
        
          
            
              
                
                  
                    
                      
                     
                   
                 
               
             
           
         
       
     
   
  Die medizinische Bedeutung der Zellwand 
  - Die Zellwand ist der Teil der Bakterienzelle, der mit der Außenwelt, also
    auch mit dem Makroorganismus, in Wechselwirkung tritt. Sie enthalten Oberflächenkomponenten,
    die für die spezifische Anheftung an Epithelien verantwortlich sind. Die antigenen
    Determinanten der Zellwand rufen im Makroorganismus die Bildung von
    Antikörpern hervor, die zur Agglutination oder in Gegenwart von
    Komplementen und phagozytierenden Zellen zu einer Immunphagozytose oder
    Zellabtötung führen.
  
 - Die Zellwand gramnegativer Bakterien enthält toxische Substanzen (Endotoxine).
    Unvollständig abgebaute Fragmente des Peptidoglykans (vor allem
    grampositiver Bakterien) sind pyrogen und spielen eine Rolle bei der
    Entstehung von Arthritiden. Die Zellwand ist Angriffspunkt wichtiger Antibiotika
    und von Lysozym.
  
  
  
Bakterielle Toxine 
  
hitzelabil hitzestabil 
  
Exotoxin Endotoxin 
  
gramnegative grampositive gramnegative 
Bakterien Bakterien Bakterien 
  
    
      Exotoxine = Eiweißstoffe, Proteine; bei Hitzeeinwirkung geht die
      Wirksamkeit verloren, weil die Tertiärstruktur der Proteine zerstört
      wird. 
      Exotoxine haben eine spezifische Struktur und rufen spezifische
      Krankheitssymptome hervor. 
      Endotoxine = Lipopolysaccharide (Lipid A) 
      Endotoxine haben eine unspezifische Struktur und rufen unspezifische
      Krankheitssymptome hervor (z.B. Fieber, Herz-Kreislauf-Beschwerden). 
        
        
     
   
 
M G M G G = N-Acetylglukosamin 
  
M = N-Acetylmuraminsäure 
-NH-CO- -NH-CO- 
  
G M G M 
  
Transpeptidase 
  
Struktur des Mureins. Zwei Glykanstränge, bestehend aus N-Acetylglukosamin
und N-Acetylmuraminsäure sind durch Peptidketten quervernetzt. 
  
Das Enzym Lysozym spaltet die b -1,4-glykosidische Bindung zwischen
N-Acetylglucosamin und N-Acetylmuraminsäure und ist somit eine Muraminidase. Es
wirkt auf grampositive Bakterien lytisch und damit bakterizid. Zellen
gramnegativer Bakterien werden erst nach Vorbehandlung mit EDTA gelöst, wodurch
die äußere Membran für Lysozym permeabel wird. 
  
Protoplast 
  - Das Enzym Lysozym löst die Zellwand der meisten grampositiven Bakterien
    leicht auf. Bei geeigneten osmotischen Verhältnissen entsteht hierdurch
    eine wandlose, noch lebensfähige Zelle, der Protoplast. Dieser besitzt ohne
    das stützende Exoskelett keine definierte Form und ist gegen physikalische
    Einflüsse außerordentlich labil.
  
  
L-Formen 
  - Bei geeigneter Grenzkonzentration von Penicillin in einem Nährmedium
    vermehren sich stäbchenförmige Bakterien nicht in normaler Weise durch
    Querteilung, sondern es kommt an den Teilungsstellen zu Ausbuchtungen und
    schließlich bilden sich bläschenförmige Gebilde von 10 m m Größe und
    darüber. Diese Gebilde, die auch als Sphäroplasten bezeichnet werden, da
    sie im Gegensatz zu den Protoplasten noch Reste der Zellwand besitzen,
    können sich in Gegenwart von Penicillin in dieser Form auch unter Bildung
    recht kleiner Bläschen vermehren und bilden auch auf Nähragar kleine, etwa
    0,5 mm große Kolonien, die nur aus solchen blasigen Elementen bestehen.
  
  
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